Restaurierung 2007

Jahresbericht des Dombaumeisters

Über abgeschlossene und laufende Projekte des Arbeitsjahres 2007

Von Arch. Dipl. Ing. Wolfgang Zehetner

In der Chronologie der wichtigsten Restaurierarbeiten dieses Jahres spielt schon der Spätherbst des Vorjahres eine wichtige Rolle. Für das Großprojekt der Sanierung der Westfassade mussten Voruntersuchungen durchgeführt werden. Dafür wurde der südwestliche Eckstrebepfeiler – der am nächsten zu Graben und Kärtnerstraße liegt – ausgesucht und im Oktober kurzfristig eingerüstet. Die Proben und Befunde von diesem besonders der Verwitterung ausgesetzten Bereichwaren wichtige Voraussetzungen für die Detailplanungen zur Westfassadenrestaurierung. Das gesamte Projekt wird drei Arbeitsjahre benötigen. Um die Störungen gering zu halten, werden die Maßnahmen in zwei Abschnitte gegliedert und für die erste Etappe nur die nördliche Hälfte bis zum Riesentor bearbeitet. (Die beiden Heidentürme müssen nur bis zum Ansatz ihrer Helme hinauf eingerüstet werden, da diese bereits in den 1990er Jahren – damals wegen Gefahr im Verzug – saniert worden sind). Im Winter konnten von der Dombauhütte bereits Werkstücke für den Südweststrebepfeiler angefertigt werden, die dann bei der zweiten Etappe versetzt werden. Ganz besondere Probleme stellen sich hier mit den Steinfiguren – Fürstenportraits und Heilige – dar. Der in einem Tiefrelief gestaltete Sockel unter der Nische des Hl.Lukas musste ausgebaut werden, da er aus so schlechtem Steinmaterial war, dass die Formen teilweise nur noch zu erahnen waren. Der eigentliche Beginn des Projektes mit der Eingerüstung der nördlichen Hälfte der Westfassade wurde dann auf Mitte September zurückgestellt, damit beim Besuch des Papst es imDom, am 9.September 2007 (einem selbst in der jahrhundertelangen Domgeschichte herausragenden Ereignis) die Eingangsfassade nicht verdeckt wurde. Aber auch das danach errichtete Gerüst konnte durch eine Verkleidung, die den eingerüsteten Domteil nachbildet, optisch weniger störend gestaltet werden! Um den Dom in aller Schönheit zu zeigen, waren besondere Reinigungen im Inneren nötig: Alle Figuren, Baldachine, auch die entlegenen Bereiche der Altäre wurden entstaubt – abgesaugt, gereinigt, poliert – eine Monate dauernde Generalreinigung wurde geplant und von der Dombauhütte und den Mesnern durchgeführt. Das Singertor und sein Vorbau, durch das der Papst den Dom verließ – und das sonst selten zugänglich ist – wurde „gepflegt“: Reinigung, neue Beleuchtung, neue Elektroinstallation mit Verlegung der Kabel, Ausmalung der Gewölbeflächen, Ergänzung von Maßwerkteilen, Stein- und Mörtelergänzungen (vor allem im Sockelbereich), sowie Ausbesserungen im Boden waren erforderlich. Direkt im Zentrum der Liturgie wurde das Podium mit dem Vorsitz für den Papst und einer entsprechenden Rückwand aus rotem Glas mit dem Papstwappen gestaltet. Direkt im Zentrum der Liturgie wurde das Podium mit dem Vorsitz für den Papst und einer entsprechenden Rückwand aus rotem Glas mit dem Papstwappen gestaltet. Die jährliche Winteretappe mit Innenarbeiten hat heuer die Südturmhalle betroffen. Mitte Jänner bis März war die gesamte 22m hohe Halleeingerüstet.AmAnsatzderGewölbekonnteman die eindrucksvollen Reliefskulpturen, Maskarons großer Dimension aus der Nähe sehen. Bauzeit und Stil deuten auf Wenzel Parler hin (Anfang 15. Jh.). Die Skulpturen, Maßwerke, Gesimse, aber auch Mauerteile wurden gereinigt, ausgebessert und ergänzt, Fugen ergänzt, die Decke ausgemalt und dabei auch der Bestand dokumentiert – inklusive der Aufnahme der sichtbaren Steinmetzzeichen. Im (sonst nicht zugänglichen) westlichen Fensterbereich wurden Inschriften und eine Grabplatte entdeckt. An der Westwand dieser Südturmhalle befand sich auch das große „Türkenbefreiungsdenkmal“. Dieses wurde beim Absturz der Pummerin infolge des Brandes 1945 so stark beschädigt, dass man danach nur noch die 3 zentralen Figuren – die Muttergottes, den Papst und den Kaiser – aufgestellt hat. Diese beinahe lebensgroßen Figuren aus weißem Marmor mit partieller Vergoldung wurden sorgfältig restauriert und die Vergoldung ergänzt. Weitere Innenarbeiten konnten im Domdach stattfinden: Ein weiteres großes Grabdenkmal wurde in der „Epitaphengalerie“ montiert. Eine Schauwerkstätte konnte im Dachboden mit alten Werkstücken und Werkzeugen eingerichtet werden, Abgüsse von Skulpturen der Domfassade wurden an der Mittelschiffwand im Dachraum montiert. Zwei besondere Einzelstücke möchte ich erwähnen: In der Dombauhütte wurde das Epitaph Wolf-Kremer restauriert. Dafür war eine umfassende Reinigung, teils mit Laser, teils konventionell, eine Entsalzung mittels Kompressen, sowie die Anfertigung von Ergänzungen erforderlich. All das konnte in unserer Dombauhütte durchgeführt werden. Das besonders feine Relief des Resch-Epitaphs aus der Eligiuskapelle wurde in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes restauriert – und dabei das ursprünglich bunte Erscheinungsbild wieder erfahrbar gemacht – durch sorgfältiges Freilegen (und retouchieren) der mittelalterlichen Farbfassung. Das eigentliche Großprojekt dieses Jahres ist aber die Restaurierung der Südturmspitze. Alleine schon die Eingerüstung des schlanken Baues bis auf 137m Höhe stellt eine Herausforderung dar. Auf der Basis des bis ca.100m Höhe reichenden Gerüstes des (abgeschlossenen) mittleren Turmdrittels, das auch noch als Schutzgerüst für die Arbeiten darüber diente, wurden die Etagen an die Architektur des Turmes angepasst hochgezogen. Zur Erschließung dienten die beiden vorhandenen Aufzüge (vom Boden zum Dach der Katharinenkapelle, und von dort bis in ca. 100m Höhe). Ein dritter Bauaufzug von 100m bis 130m Höhe, wieder näher beim Turm und dennoch im oberen Bereich schon sehr freistehend, wurde errichtet. Um vom Boden zur Turmspitze zu gelangen, muss man also zweimal umsteigen – und dann noch die letzten Etagen zu Fuß über Leitern erklimmen. Noch ein Punkt zur Infrastruktur: Zur Vermeidung langer Wegzeiten wurde in 100m Höhe sogar eine Toilette eingerichtet. Vom Gerüst aus konnte der gesamte Turmhelm befundet werden, die Schäden wurden kartiert. Der Zustand der Steine ist allgemein besser als im unteren Bereich. Allerdings handelt es sich hier um einen Bauteil, der vor ca. 130 Jahren zur Gänze neu errichtet wurde. (Im 19. Jahrhundert war zuerst die schon desolate oberste Turmspitze 17m hoch abgetragen und durch eine Gusseisen-Steinkonstruktion ersetzt worden. Diese Materialkombination war nicht dauerhaft und so wurde um 1870 die gesamte Turmspitze ca. 40m hoch abgetragen und in mittelalterlicher Steintechnik möglichst originalgetreu wieder errichtet. Die Spitze ist zum ersten Mal seit ihrer Neuerrichtung vor 130 Jahren eingerüstet. Seither waren nur punktuelle Reparaturmaßnahmen von waghalsigen „Kletter-Handwerkern“ möglich). Jetzt wird der gesamte Turmhelm gründlich überarbeitet: Die Verkrustungen von den Steinoberflächen werden abgenommen (mechanisch, bzw . durch Strahlverfahren), die Fugen werden–wonötig–neu gemacht. Die Metallteile werden durch korrosionsfreien Stahl ersetzt. Viele Ergänzungen werden in Restauriermörtel angebracht. Die Wasserabführung muss auch in den kleinsten Details gewährleistet sein, was bedeutet, dass Vertiefungen und Hohlstellen ausgefüllt werden müssen. Zahlreiche Risse in den Steinen werden durch Armierungen und Klebungen saniert. Alle diese Arbeiten der Restauratoren, Steinmetze und Bildhauer müssen auf engem Raum koordiniert werden, was noch durch die oft extremen Windstärken in diesen Höhen erschwert wird. Für das nächste Jahr bleibt neben Fertigstellung der Steinsanierung auch noch das Projekt der obersten Turmbewährung: Kreuz, Doppeladler und Kugel aus vergoldetem Kupferblech. Für die Mitarbeiter der Dombauhütte interessant gestaltete sich ein Austausch: Während ein Steinmetz aus Wien zwei Monate in Straßburg arbeiten konnte, verbrachten zwei Mitarbeiter der dortigen Dombauhütte einen Monat in Wien – dabei konnten Erfahrungen und Kenntnisse ausgetauscht werden und auch die europäische Verbindung der Dombauhütten gefördert werden. An der Chorfassade, die im Großen und Ganzen saniert, und jetzt in gutem Zustand ist, war die „Armeseelen-Nische“ in der Mittelachse des Chores noch unrestauriert. Sie wird in der Höhe von der Skulptur des sog. Zahnweh-Herrgottes dominiert, eine spätgotische, grandiose Oberleibsbüste des „Schmerzensmannes“; Christus mit der Dornenkrone und den Wundmalen. Das Wandfresko dahinter, das starke, existenzgefährdende Schädigungen durch Versalzung von hinten und Verkrustung außen aufwies, wurde restauriert: Sicherung, Festigung, Hinterfüllen der Hohlstellen, Entsalzung bzw. chemische Salzumwandlung, Reinigung, Retusche… Dabei trat ein interessantes Detail zu Tage: Der obere Bereich des Fegefeuerbildes ist noch original, die untere Zone schon einmal ergänzt. Nach der Reinigung zeigte sich der originale Teil heller als der jüngere, untere Abschnitt, der unter Berücksichtigung der Verdunkelung durch die Schmutzkruste zu dieser Farbstimmung passend ergänzt wurde und somit jetzt noch dunkler erscheint. Den letzten wesentlichen Punkt stellt das Domdach dar. Dieses ist ja nach dem Krieg bis 1950 völlig in der alten Form neu hergestellt worden. Die glasierten Ziegel sind im wesentlichen in gutem Zustand und auch gut verlegt. Probleme bereiten aber einzelne Zonen und vor allem die Abdeckungen der Grate und Firste. Die halbrunden Firststeine werden von den Stürmen immer wieder in Vibrationen versetzt, wobei der Mörtel, der die Tondachziegel verbindet, immer mehr herausgerüttelt wird. Bei einem großen Sturm dieses Jahres hat sich bereits eine Firstkappe gänzlich herausgehoben und wurde nur noch von einem Draht gehalten.Wegender Gefahr abbröckelnder Mörtelteile bzw. sogar abstürzender Firstziegel, musste die Zone der begehbaren Dachrinne auf dem Ostchor gesperrt und abgeplankt werden. Die ersten, besonders betroffenen Firste und Gratbereiche wurden saniert bzw. neu verlegt (die Ziegel verschraubt und ein Mörtel mit elastisch dämpfenden Zuschlagstoffen für die Verfugung verwendet). Diese Arbeiten waren wegen der Höhe und Steilheit des Daches besonders schwierig. Nach dieser teilweise doch ins Detail gehenden Ausführung vieler unserer Fortschritte möchte ich abschließend nochmals die Schwerpunkte unseres – auch durch die Unterstützung unserer Spender ermöglichtes Restaurierungsjahr 2007 zusammenfassen: Im Inneren die Südturmhalle und die Singertorhalle und außen Beginn der Westfassade, die Armenseelennische mit dem Zahnwehherrgott und die Spitze des hohen Turmes.

50 Jahre Pummerin am Nordturm

Wie ein Symbol Österreichs wieder an seinen Platz zurückkehrte

MMag. Franz Zehetner / Archivar Ernst Zöchling

Die alte Pummerin von 1705, die seit 1711 im Hohen Südturm hing, ging beim Dombrand am 12.April 1945 zu Grunde: Der Glockenstuhl fing Feuer, die Glocke zerschellte am Boden, und zerstörte dabei die Gewölbe der Turmhalle und das Türkenbefreiungsdenkmal. Aus ihren Resten (ergänzt durch türkische Kanonen aus dem Heeresgeschichtlichen Museum, also „Originalmaterial“) wurde in der Glockengießerei St.Florian die neue Pummerin gegossen. Der Guß einer so gewaltigen Glocke ist noch immer eine technische Herausforderung, erst der zweite Guß gelang! Nach der ersten Präsentation in Linz wurde die Glo cke am 25. und 26. April 1952 nach Wien transportiert, als ein Beitrag des Landes Oberösterreich für den Wiederaufbau des Stephansdomes. Das Eintreffen der Pummerin beim Dom markierte für viele Österreicher das Ende der unmittelbaren Nachkriegszeit und einen wichtigen Schritt zur Normalität im Neuen Österreich. Der Neuanfang bot die Chance, das Hauptproblem der alten Pummerin zu beseitigen: Eine freischwingend geläutete Glocke verursacht enorme Erschütterungen, gewaltige Kräfte werden frei, wenn 20 Tonnen Bronze bewegt werden. Ein gut konstruierter Glockenstuhl kann diese Erschütterungen dämpfen, eine gewisse Belastung des Turmes bleibt jedoch bestehen. Die alte Pummerin war aus diesem Grund schon im 19.Jahrhundert eine Gefahr für den schlanken, hohen Südturm geworden, Friedrich v. Schmidt verbot 1878 das Läuten der Pummerin, sie wurde aufgebockt. Wenn sie er klingen sollte mußte sie zuerst mit einer Schraubenkonstruktion angehoben werden,dann konnte der Klöppel angeschlagen werden. Eine Lösung, die zwar die Erschütterungen minimiert hat, aber doch nur eine Notlösung war,und nicht unseren Vorstellungen von Glockengeläut entspricht. Die Belastung durch die Pummerin wollte man dem Hohen Turm, der durch den Brand gerade im Bereich der Glockenstube noch weiter geschwächt war, aus Sicherheitsgründen nicht wieder zumuten – auch das Gewicht der Glocke im Ruhezustand ist schon eine Belastung für den Turm – so entschied man sich, die Glocke nun in den Nordturm zu bringen, der nicht die filigrane Spitze aufweist, die besonders anfällig auf Schwingungen ist. Der Nordturm ist darüber hinaus überhaupt massiver und breiter als der Südturm gebaut, war also der ideale Ort für die Pummerin, nur war er noch nicht wieder benützbar: Beim Brand des Domes war ein Baugerüst an ihm der erste Brandherd, die Schäden waren dementsprechend schwer, und bei den Wiederherstellungsarbeiten waren Dach, Chorgewölbe und Südturm naturgemäß wichtiger gewesen. Für die Pummerin war (vorerst) also kein Platz am Dom vorhanden, so wurde einstweilen ihr Glockenstuhl im Hof der Dombauhütte von 1952 bis 1957 an der Nordseite des Domes aufgestellt. Erst am 3.Oktober 1957 konnte die Pummerin an ihren jetzigen Ort gebracht werden. Um sie in den Nordturm aufziehen zu können, mußte sie – wie auch schon die erste Pummerin – durch das Riesentor in den Dom gebracht werden, kein anderes Tor ist groß genug dafür. Selbst beim Riesentor mußten Teile des steinernen Türgewändes ausgebaut werden, um die Glocke in den Dom zu bringen. Der neue Glockenstuhl sieht zwar nüchterner aus als sein Vorgänger, er federt aber die Bewegungen der Glocke gut ab, sodaß am Nordturm bisher keine Schäden durch das Geläut der Pummerin festgestellt werden können. Seit ihrer Installation wird sie elektrisch geläutet, in den letzten Jahren wurde eine Computersteuerung des Motors eingebaut, der einen weicheren Anschlag des Klöppels an die Glocke ermöglicht und damit ihre Belastung minimiert. Die Begeisterung, die beim Einzug der Pummerin in Wien und beim ersten Läuten am Nordturm am 13.Oktober 1957 herrschte, ist zwar Geschichte, aber noch immer ist das Läuten der Pummerin nicht nur ein Zeichen für einen besonderen Anlaß, sondern für alle, die es hören, auch ein außergewöhnliches Erlebnis.

150 Jahre Dombauverein

Gegründet vom Dombaukomitee 1857

MMag. Franz Zehetner / Archivar Ernst Zöchling

Mit dem Erwachen der Romantik zu Beginn des 19.Jahrhunderts stieg auch die Wertschätzung mittelalterlicher Kunst, sie wurde zu einem Thema des allgemeinen Interesses breiter Schichten. Gleichzeitig machten die jahrhundertelange Vernachlässigung der Bauerhaltung am Stephansdom und die Beschädigungen in den Napoleonischen Kriegen im 19.Jahrhundert eine intensive praktische Beschäftigung mit mittelalterlicher Kunst – in Form von Restaurierungen – nötig. Die Bau- und Erhaltungsmaßnahmen wurden vorerst noch punktuell, zur Behebung der jeweils drängendsten Probleme, ohne Gesamtkonzept vorgenommen. Der problematischeste Bauteil war und ist heute noch der Hohe Südturm, der schon 1810 zur Behebung der Kriegsschäden repariert worden war. 1838 wurde er eingerüstet und die oberste Turmspitze (ca. 20 m ) von Paul Sprenger (der u.a. auch das Münzamt, die N.Ö. Statthalterei in der Herrengasse und später auch den Turm der Augustinerkirche gebaut hat) erneuert. Diese umfangreichen und aufsehenerregenden Arbeiten riefen große Begeisterung für die Restaurierung und den „Weiterbau“ des Domes hervor. Dieser sollte den Ausbau der Langhausgiebel, den Umbau der Westfassade und die Vollendung des Nordturmes umfassen. Darüberhinaus sollte im Inneren die Barockausstattung durch eine „passende“ neugotische Ausstattung ersetzt werden. Diese romantischen Vorschläge wurden zuerst aus finanziellen, dann aber auch aus künstlerischen Gründen abgelehnt: Eine neue Denkweise forderte, daß die Änderungen unter größtmöglicher Schonung des Vorhandenen erfolgen sollten. 1853 begannen unter Leitung von Leopold Ernst die Arbeiten für die Langhausgiebel, auf der Grundlage genauer Untersuchungen des mittelalterlichen Vorbildes. Einer der sieben neuen Giebel wurde von der Gemeinde Wien, die anderen von Spendern finanziert. Die widersprüchlichen Vorstellungen für die Arbeiten am Dom und den Vorrang von Reparatur der Schäden, Ausbau der unvollendeten Teile oder Neugestaltung des Inneren wurden immer leidenschaftlicher diskutiert. Von Befürwortern aller drei Richtungen wurde eine Institution gefordert, die die Schwerpunkte der Arbeiten bestimmen und ihre Finanzierung sicherstellen sollte. Entscheidend war ein Bericht Carl Roesners1 an Kardinal Rauscher, der alle drei Aspekte zusammenfaßte: Einen Bericht über die bereits durchgeführten und noch geplanten Ausbauarbeiten; die Neugestaltung des Inneren, vor allem durch die Ausstattung mit gemalten Glasscheiben (die mittelalterliche Verglasung war ja nur mehr in geringen Resten vorhanden); und die planmäßige Restaurierung und Substanzverbesserung. Zur Koordination aller Arbeiten schlug er die Gründung eines Dombauvereines vor. 1857 wurde vorerst ein Baukomitee gegründet und staatlich genehmigt, das die Statuten des Vereines ausarbeiten sollte und vorübergehend die geforderten Organisationsaufgaben wahrnahm: Dombaumeister Leopold Ernst konnte nun systematisch planen und hatte die Sicherheit, dass die Arbeiten kontinuierlich fortgeführt werden konnten. Auf dieser organisatorischen Grundlage konnte eine moderne Domerhaltung aufgebaut werden: 1858 erfolgte eine gründliche und umfassende Untersuchung des Domes: Brand- und Kriegsschäden, Verwitterung, aber auch Baumängel und mangelhafte Restaurierungsmaßnahmen wurden als Schadensursachen festgestellt. Am schmerzlichsten war die Erkenntnis, daß die neue Turmspitze bereits nach 15 Jahren gefährliche Schäden aufwies und ein zweites Mal – diesmal in größerem Ausmaß – erneuert werden musste. Nach dem frühen Tod Leopold Ernsts 1862 wurde Friedrich Schmidt, der schon seit 1860 im Baukomitee mitarbeitete, Dombaumeister. Er konnte die Turmerneuerung 1864 vollenden und in großem Umfang weitere Restaurierungsarbeiten durchführen. So konnte Schmidt in einem Bericht vom 6.9.1880 mit seinen Gesellen „nicht ohne ein Gefühl innerer Befriedigung auf die redlich vollbrachte Arbeit zurückblicken, denn das Äußere des St.Stephansdomes war in einer Weise restauriert worden, welche nach menschlichem Ermessen eine unbegrenzte Dauer verspricht.“ Auch wenn keine Restaurierung, weder damals noch heute von unbegrenzter Dauer ist, waren zu diesem Zeitpunkt die wichtigsten Arbeiten abgeschlossen und der Dom wieder in einem guten baulichen Zustand. Andererseits liefen auch die staatlichen Zuschüsse aus, neue Ziele und neue materielle Grundlagen waren nötig. Der Dombauverein wurde zum wichtigsten Instrument für die Finanzierung des Dombaues, aber auch für die Koordination der Erhaltungsmaßnahmen, die Öffentlichkeitsarbeit und für künstlerische Debatten. Das Baukomitee, das eigentlich nur die Statuten des Vereines ausarbeiten hätte sollen, aber 24 Jahre die Funktionen des Vereines wahrgenommen hatte, wurde aufgelöst, Zur Information der Mitglieder wurde ab 1881 das Dombauvereinsblatt herausgegeben, heute erscheint es als „Der Dom“. Bei allen Erfolgen hatte Schmidt das Gefühl, ein „unvollendetes Werk verlassen zu müssen“: Noch immer fehlten der Nordturm, eine „passende“ Fassade und die Neugestaltung des Inneren. Die spektakulären Neubaupläne konnte er nicht verwirklichen, die (behutsame) Neugestaltung des Inneren und – entgegen seiner Hoffnung der „unbegrenzten Dauer“ – die Pflege und Erhaltung des Baues wurden zum Inhalt der Tätigkeiten. Der Dombauverein wurde schon damals zum Domerhaltungsverein, ein echter DomBAU-Verein wie in Köln, wo dieser einen großen Teil des Baues errichten ließ, war er ja ohnehin nie gewesen. Dass die Eingriffe so behutsam und unspektakulär, aber sorgfältig durchgeführt wurden, dass in den schweren Kriegs- und Zwischenkriegsjahren die Restaurierungs- und Erhaltungsarbeiten fortgeführt werden konnten, ist ein großes Verdienst der breiten öffentlichen Beteiligung in geistiger und materieller Hinsicht, und die kontinuierliche Arbeit und Spendentätigkeit des Domerhaltungsvereines. 1938 wurden die Möglichkeiten der Tätigkeit stark eingeschränkt, als „Domerhaltungsverein“ konnte der Dombauverein jedoch weiter bestehen. Nach den Zerstörungen des 2.Weltkrieges und der Anstrengung des Wiederaufbaues wurde der Domerhaltungsverein 1955 neu gegründet. Wie in den letzten 150 Jahren, ermöglichen die Mitglieder und Spender des Domerhaltungsvereines eine kontinuierliche und systematische Arbeit zur Erhaltung des Domes, die sich auch um unspektakuläre Aufgaben kümmern muss, um das Ganze, unseren Stephansdom, zu erhalten und den nächsten Generationen als Kunstwerk und Ort der Andacht und Besinnung weiterzugeben. Herzlichen Dank für Ihre Spenden und Ihr Interesse! Vergelt’s Gott

Straßensammlung

Die im Oktober 2006 durchgeführte Straßensammlung der Schuljugend Wiens erbrachte für die Restaurierungsarbeiten des Stephansdomes 45.173,94 Euro. Wir danken ganz besonders den mit so großem Einsatz sammelnden Schülerinnen und Schülern sowie den beteiligten Lehrenden für diesen wichtigen Beitrag und der Nationalbank für die kostenlose Zählung.

Liebe Mitglieder des Domerhaltungsvereins!

Nicht jedem Freund der Domkirche St.Stephan ist bewusst, dass die Pummerin nicht immer ihreHeimstätteimNordturmvonSt.Stephan hatte. Nach der schrecklichen Zerstörung durch den vernichtenden Brand in den Apriltagen 1945 galt es zuerst den Dom innen und außen wieder instand zu setzen. An eine neue Pummerin und ein neues Glockenensemble dachte man zwar, doch vorher musste der Dom in seiner Gesamtheit wiedererrichtet werden. War es schon im Dezember 1948 wieder möglich, das Langhaus zu benützen, sollte es doch bis 1952 dauern, bis der gesamte Kirchenraum wieder als Gottesdienststätte zur Verfügung stand. Nach der feierlichen Domeröffnung und Weihe der neuen Pummerin fand die neugegossene Glocke für fünf Jahre im Bauhof der Dombauhütte ihre provisorische Stätte. Zu besonderen Anlässen bewegten mehrere Mitarbeiter der Dombauhütte den Klöppel von Hand. Das für uns so selbstverständliche Neujahrs läuten führte erst mit Silvester 1952 der damalige Dompfarrer Dr.Karl Raphael Dorr, der Motor des Wiederaufbaus, als fixen Bestandteil der Läutordnung ein. Beim ersten Mal passierte es übrigens, dass der Klöppel brach. Auf Intervention des Landeshauptmanns Dr.Gleissner von Oberösterreich sponserte die VOEST einen kostenlosen Ersatz. Nachdem die Stahlkonstruktion am Nordturm fertig gestellt worden war, konnte nach einem Festakt am 3.Oktober 1957 die Pummerin in den Dom gebracht werden, um dann in Zentimeterarbeit in den Nordturm aufgezogen zu werden. Am Sonntag, den 13.Oktober 1957, also vor 50 Jahren, erfolgte die feierliche Weihe des Turmhelmes und des Glockenstuhles durch Kardinal Dr.Franz König. Nach dem Evangelium des folgenden Festgottesdienstes erklang die Pummerin erstmals von ihrer endgültigen Heimstätte aus. Seither erschallt die Pummerin – die Stimme Österreichs – immer wieder zu den hohen Feiertagen des liturgischen Jahres, aber auch zu den großen Anlässen des Landes. So auch, als wir in diesem Herbst mit großer Freude unseren Papst Benedikt XVI. im Dom willkommen heißen durften. Die Pummerin war natürlich als „erste Stimme“ bei der Begrüßung mit dabei. In einer wunderschönen Geste hat Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn bei seinem Willkommensgruß an den Heiligen Vater im Dom auf alle Spender für den Dom hingewiesen und um das besondere Gebetsgedenken des Papstes gebeten: „Der Dom wird von vielen Menschen geliebt. Zahllose Spender erhalten ihn, der sozusagen immer eine Baustelle ist, Bild der Kirche, die sich stets erneuert. Heiliger Vater, ich bitte Sie um ein besonderes Gebetsgedenken für die Wohltäter des Domes.“ Mit dem Versprechen, auch selbst immer wieder im Gebet an Sie zu denken, und den besten Segenswünschen für Weihnachten und das neue Jahr grüßt Sie und alle, die sich unserem Dom verbunden fühlen,

Ihr Kanonikus Mag. Anton Faber Dompfarrer und Dechant Generalsekretär des Domerhaltungsvereins