Die praktische Umsetzung faßt die Projektfunktionen in drei Schwerpunktthemen zusammen:
- Arbeitssystem - BPDM-System (Bestands- und Projektdaten-Management - System)- Datenerfassung vor Ort am Baugerüst, deren Verwaltung, Auswertung und Darstellung
- Archivsystem - Wissensdatenbank - Erfassung sämtlicher verfügbarer und relevanter Daten (als Bild-, Text-, Plan-, Ton-, Videomaterial) zum Gebäude in einer relationalen Datenbank, thematische und räumliche Verknüpfung der Daten
- Web-System - Abfragemöglichkeit der Datenbank via Internet
Arbeitssystem
Datenerfassung vor Ort am Baugerüst, deren Verwaltung, Auswertung und Darstellung
User: Dombauhütten, Restauratoren
Die Daten sind in einer vorweg erarbeiteten räumlich-relationalen Struktur organisiert (Orientierungssystem/Zerfallsstruktur). Diese Struktur ist die Vorgabe für sämtliche Teilarbeitsschritte und garantiert die eineindeutige ID-Vergabe an Datenbankfelder durch einen festgelegten Code. Dies ermöglicht die nach dem heutigen Stand der Technik sinnvolle Einarbeitung der Daten vorwiegend als 2D-Daten und deren spätere Ersetzung durch 3D-Daten bei zukünftigen Erfassungsmaßnahmen.
Die Verwaltung dieser Struktur sowie der darin abgebildeten Daten erfolgt mittels eines BPDM- (Bestands- und Projektdaten-Management) Systems
Kartierungsablauf
Der Kartierungsablauf erfolgt in drei Phasen:
Phase 1 - Kartierungsvorbereitung
- Digitale Erfassung und Aufbereitung der Gebäudegeometriedaten mittels 3D-Laserscantechnologie, hochauflösender Digital-Panoramakameras, Photogrammetrie- und Vermessungsdaten oder aus einem Cad Modell.
- Die aufbereiteten 2D/3D-Gebäudedaten werden auf einen geeigneten Outdoor-Laptop mit Touchscreen übertragen
Für diese Phase ist je nach Arbeitsweise bestimmtes IT-und CAD-Fachwissen erforderlich, die angewandte Erfassungstechnologie (Laserscan- und Rasterbildtechnologie, Photogrammetrie o.ä.) ist in der Regel von Spezialfirmen durchzuführen.
Die Datenaufbereitung in der Dombauhütte betrifft hauptsächlich das Einpflegen der Geometriedaten in das Orientierungssystem (Zerfallstruktur) am Datenserver sowie das Zusammenfassen der für die Kartierung vor Ort relevanten Daten und deren Export auf das Notebook. Ebenso werden für die Orientierung am Gerüst notwendige Hilfsdaten in einem eigenen Orientierungslayer abgelegt (zB die Lagen der Gerüstetagen und deren Nummerierung etc).
Phase 2 - Kartierung vor Ort
Am Gerüst werden am Notebook mittels geeigneter GIS (Geographisches Informations System)-Software mit hinterlegter Datenbank die Kartierungen nach verschiedenen Fachsichten von Spezialisten (Geologe, Restaurator, Dombaumeister..) durchgeführt. Es entstehen geologische Karten, Schadenskarten und Maßnahmenkarten.
Diese Phase soll ohne genauere IT- und CAD-Kenntnisse nach kurzer Einweisung durchführbar sein.
Phase 3 - Kartierungsauswertung
Die erhobenen Daten werden auf den Datenserver rückgeführt und synchronisiert, die in der Vor-Ort-Kartierung gewonnenen Daten (jeweils graphische und Datenbankdaten sowie Fotos etc) werden ausgewertet, versioniert und archiviert.
Spezielle Analyseabfragen sind mit Fachkenntnis aus dem GIS-System möglich.
In weiterer Folge werden die Daten für die Abfrage mittels Standard-Plugins zum Web-Browser aufbereitet und können für Zugriffsberechtigte veröffentlicht werden.
Eine entsprechende Datenpflege und regelmäßige Abfragen ermöglichen Facility Management / Wartungsplan-Funktionalitäten, damit wird eine Berücksichtigung in der Budgetplanung, in der Arbeitsplanung, in der Produktbereitstellung ermöglicht. Ab einem entsprechenden Umfang des Datenbestandes und dessen regelmäßiger Analyse und Auswertung wird damit auch der Weg zu einer Schadensprognose und Schadensprävention in der Zukunft sichtbar.
Weiters werden im Projekt Cathedral.IT im Arbeitssystem neue Technologien erforscht und getestet, als besonders richtungsweisend ist hier die 3D-Laserscantechnologie zu bewerten, die bereits teilweise im Einsatz ist. Neben der exakten Erfassung der 3D-Geometriedaten erlaubt diese Technologie beispielsweise die Erfassung und Analyse von komplexen Gewölbegeometrien, wie sie in Regensburg im Rahmen des Projektes erforscht werden, die berührungsfreie Erfassung von 3D-Objekten, wie besonders wertvolle Skulpturen selbst aus fragilen Materialien oder aus brüchigem Stein (was bei der manuellen Abformung nicht möglich wäre) - es entsteht der "virtuelle Stein", der auch bei Bedarf z.B. mittels Laser-Sinterverfahren wieder materialisiert werden kann. Bei den Forschungen und Recherchen zu automatisierten Rekonstruktionsverfahren wird besonderer Bedacht darauf gelegt, daß die Technologie stets Hilfsmittel des Bildhauers oder Restaurators bleibt, die Wahrung und Weitergabe der handwerklichen Arbeit und Technik dabei nicht verloren geht sondern als ebenso wichtiges, zu erhaltendes Kulturgut wie das zu erhaltende historische Bauwerk selbst zu betrachten und zu behandeln ist.
Archivsystem
Erfassung sämtlicher verfügbarer und relevanter Daten (als Bild-, Text-, Plan-, Ton-, Videomaterial) zum Dom in einer Wissensdatenbank, thematische und räumlich-relationale Verknüpfung der Daten.
User: Dombauhütten, Restauratoren, Wissenschaftler
bei Erreichen eines repräsentativen Datenbestandes: Web-Anbindung mit Zugangskontrolle - User: Projektpartner, Wissenschaftler, denkmalpflegerische Institutionen und andere Experten, Öffentlichkeit
Die Umsetzung des Archivsystems in Wien ist mit einer Oracle-basierenden Datenbanklösung der Firma CMB Informationslogistik GmbH geplant, die auf der Museumssoftware "artefact" aufbaut.
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Web-System
Abfragemöglichkeiten der Datenbanken (vorallem Archivsystem) via Internet
Für den Web- Bereich bieten sich mittel- bis langfristig folgende Perspektiven an:
Denkmalschutz und Wissenschaft:
- Datenabfrage mittels Browser unabhängig von der verwendeten Software
- wissenschaftliche Zusammenarbeit ohne geographische Grenzen
- Anbindung an die Universitätsnetze für wissenschaftliche Abfragen und Arbeiten
Info- und PR-Bereich:
- Bilddatenbank aus Archivsystem, "touristische" Infodatenbank via Internet, Research-Abfragen von Presse und Medien
- Sponsorenpräsentation via Web - im Idealfall wird sich langfristig das Projekt nicht nur selbst tragen sondern für Sponsoringzwecke nutzbar sein. Das Produkt soll als technologisch interessant und innovativ platzierbar sein und als Imageträger im Zusammenhang mit dem Dom etabliert werden. Demnach soll für beteiligte/integrierte Produkte eine hohe Sponsoringattraktivität sichergestellt werden.
- Visualisierung geplanter baulicher Maßnahmen und Imagewerbung, Verständnisförderung für die Notwendigkeit von Erhaltungsmaßnahmen
- Visualisierung der durch bestimmte Spendenaktionen ermöglichten Arbeiten mit ihren Auswirkungen - Marketingkonzepte von "virtuellen Baustellen" bis hin zum "Verkauf des virtuellen Spendenbausteines". Insgesamt bietet sich hier ein weites Feld an Einsatzmöglichkeiten. Dieser Bereich ist für die Synergie der Maßnahmen überaus wichtig, da die Arbeiten im Denkmalschutzbereich in zunehmendem Maße einerseits stark spenden- und förderungsabhängig, andererseits im Blickpunkt des öffentlichen Interesses stehen und hier entsprechend sensibel und verantwortungsbewußt mit Information und Aufklärung umzugehen ist.
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3D-System
Datenerfassung mittels 3D-Laserscan:
Im Projekt Cathedral.IT werden neue Technologien der Datenerfassung erforscht und getestet, in Regensburg und Passau wird bereits die 3D-Laserscantechnologie eingesetzt, in Wien wurden Testscans am Südturm sowie am Singertor durchgeführt.
Diese Technologie bietet bereits heute relativ kostengünstig die Möglichkeit der exakten Erfassung der 3D-Geometriedaten mit Genauigkeiten bis in den Millimeterbereich.
Im Projekt Cathedral.IT wird ein Laserscanner der Firma Zoller&Fröhlich/Octocom AG eingesetzt, der mit dem Phasendifferenzverfahren eine Genauigkeit von bis zu 0,3mm erreicht. Hiermit kann aus einer Entfernung von bis zu 60m mit einem horizontalen Abstrahlwinkel von 360° und einem vertikalen Winkel von bis zu 80° gescannt werden, wobei die Aufnahmezeit für die volle Auflösung von 1200x8000 Punkten bei 2,5 Minuten liegt.
Andere Laser-Scan-Systeme: Leica/Cyra (Pulslaufzeitverfahren), Riegl (Pulslaufzeitverfahren), Callidus
Der größte Arbeitsaufwand liegt in der Nachbearbeitung der Daten, der Scanner produziert 3-dimensionale Pixelwolken mit enormen Datenmengen, die über spezielle Software zu Dreiecksvermaschungen umgerechnet werden, danach muß der Scan Bereinigt werden (störende Elemente, die ebenso aufgenommen wurden, wie Stadtmöblierung, Pflanzen oder ähnliches werden herausgerechnet und der gewünschte Ausschnitt fixiert), die Bilder aus den verschiedenen Positionen werden mittels Meßpunkten zu einem 3D-Objekt zusammengefügt. Bereiche, wo der Laser nicht "hinsieht", bleiben unbearbeitet. Ergänzt wird das 3D-Laserscansystem durch hochauflösende Rasterkameras, Panoramakamera sowie herkömmliche Vermessungsmethoden zur Standortbestimmung. Damit ist ein exaktes Einhängen der gewonnenen 3D-Objekte in ein Weltkoordinatensystem möglich.
mehr: Gebäude-Bestandsaufnahme bei Baudenkmälern mit Laser-Scannern, DI S. Geiselberger
Bearbeitung der 3D-Daten
Die Nachbearbeitung sowie Bearbeitung direkt am virtuellen 3D-Objekt stellt die derzeit praktische Grenze zum Einsatz der 3D-Technologie in diesem Projekt dar. Es ist hier zwar technisch bereits vieles möglich, wie vorallem die Filmindustrie beweist, diese Technologien sind jedoch noch sehr aufwendig und aus heutiger Sicht im Denkmalschutzbereich mit den vorhandenen Budgets sowie dem Stand der Hard- und Softwaretechnik sowie des dafür nötigen speziellen Anwender-Know-Hows noch nicht ökonomisch einsetzbar.
Im Rahmen des Projektes, das in seiner Ursprungsidee die Vision der 3-dimensionalen Datenbearbeitung und Datenverknüpfung trägt, wurden einige hochinteressante Technologien untersucht. Hier sind in nächster Zukunft einige tiefgreifende Entwicklungen zu erwarten, die aus der Filmbranche kommen, und die in absehbarer Zeit eine handhabbare Form der 3D-Objektbearbeitung erlauben werden. Forschungen in diese Richtung werden auch von der Cathedral.IT-Projekt-Partnerfirma Octocom betrieben.
Derzeit werden im Projekt Cathedral.IT aus oben genannten Gründen die gewonnenen 3D-Scannerdaten dort, wo keine digitalen Photogrammetriepläne vorhanden sind, hauptsächlich als Grundlage zur 2D-Kartierung herangezogen und die Daten für spätere Verwendung vorgehalten.
Durch die sorgfältige Ausarbeitung der Orientierungs-/Zerfallsstruktur als Zwangsvorgabe für die Datenstruktur sowie die Einbeziehung eines 3D-CAD-Modelles in das Informationssystem wird bei Cathedral.IT der Weg freigehalten, bei Verfügbarkeit der entsprechenden Technologie die Datensätze durch 3D-Datensätze zu ersetzen und damit sukzessive zu einem virtuellen 3-dimensionalen Abbild des Bestandes zu gelangen.
CAD-Modell
In Wien besteht ein Teil der Projektarbeit in der Erarbeitung eines 3D-CAD-Orientierungsmodelles. Anhand dieser Projektarbeit werden die Möglichkeiten und Probleme eines CAD-Modelles im Denkmalschutzbereich beleuchtet. Einerseits dient das Modell als Leitstruktur für die Orientierungs-/Zerfallsstruktur, andererseits soll damit auch die Visualisierung geplanter Maßnahmen ermöglicht werden. Ein weiterer Einsatzbereich liegt in der Verwendung für PR- und Sponsoringmaßnahmen, die für die in Wien stark spendenabhängige Domerhaltung von großer Wichtigkeit sind.
Das Modell - ursprünglich mit der CAD-Software CATIA konstruiert - wurde über STL in VRML konvertiert, um die enorme Datenmenge plattformunabhängig zu machen. Das Modell wird analog der logischen Zerfallsstruktur gegliedert und optimiert, weiters werden Levels-of-Details generiert, sowie Tests mit Original-Texturierungen durchgeführt. Es ist auch daran gedacht, ein reduziertes Modell für die Visualisierung im Internet zu generieren - das derzeit erarbeitete Modell ist auf Grund des Detaillierungsgrades nicht für den interaktiven Einsatz im Internet bei derzeit gültigen Übertragungsbandbreiten geeignet und vorgesehen.