:Projekt :Inhalt/Forschung
A) PROJEKTIERUNG
Die Projektarbeit läßt sich am besten durch Vorgänge beschreiben,
die sich in funktioneller Abhängigkeit mit Gebäudedaten und deren
Verarbeitung befassen.
In der Projektierungsphase wurden folgende Themenbereiche formuliert:
· Datenmanagement -Wissensdatenbank (Archivierung, Organisation und Auswertung
der Daten)
· Visualisierung der Daten (2D/3D Modell, Auswertungskarten)
· Datenzugriff, Datenbereitstellung (Intranet, Internet)
Gebäudedatenerfassung
Im Zuge der fortgeschrittenen Projektentwicklung werden
3D-Laserscandaten gewonnen. Die zu Flächenmodellen umgewandelten Punktewolken
dienen zur Schadenskartierung direkt am 3D Modell. Diese Modelle werden in das
PDM System (Product Data Management) integriert und ersetzen nach und nach das
gröbere Orientierungsmodell.
Datenbank
Die Datenbank gliedert sich in ein Kern- und ein Web System:
· Das Kern-System dient zur Verwaltung der Gebäudedaten und wird
nach den Anforderungen der Zielgruppen spezifiziert.
Es besteht aus:
dem Archivbereich oder "Bestand" (für alle "alten"
Bestände und Daten) und dem Bearbeitungsbereich oder "Projekt",
welcher zur Projektverfolgung und der Organisation der Schadenskartierung (Schwerpunkt
CAD/GIS -Lösung) und den damit verknüpften neu gewonnenen Daten dient.
Zur Datenorganisation benötigt man ein PDM System.
Dieses Datenbankkonzept soll die Funktionen eines Informations-, Experten-,
Facility-, und Ressource-Planungs-Systems erfüllen.
· Das Web-System ermöglicht den Archivzugriff von "außen".
Visualisierung
In einer dem individuellen Gebäude angepaßten
Zerfall- (Gliederungs-)Struktur in logische räumliche Einheiten werden
die vorhandenen Daten räumlich gegliedert abgebildet. Je nach Situation
und Möglichkeit sind diese Daten digitale Pläne (Bildmessung), Ortho-Fotos,
Laserscan-Daten oder CAD-Modelldaten.
Sobald ein repräsentativer Datenbestand erreicht ist, kann dieser zur Visualisierung
herangezogen werden.
In Wien wird ein 3D-CAD-Modell des Wr. Stephansdomes erarbeitet, das einerseits
zur "räumlichen" Orientierung und Navigation in der Datenbank
verwendet werden soll, andererseits kann es zur bautechnischen Maßnahmenplanung
herangezogen werden, wie zur Definition von Scanebenen. Eine Zergliederung nach
den Kriterien der "Zerfallsstruktur" ist wegen der großen Datenmengen
unumgänglich.
Eine Datenkonvertierung in Vrml -Daten macht das Modell handhabbar und bei Einsatz
entsprechender Technologie webfähig und stellt sodann eine attraktive Schnittstelle
zur Öffentlichkeit dar.
Datenzugriff
Der Datenzugriff erfolgt über Netzwerkinfrastruktur:
lokales Netz, Internet, Funknetze wie GSM, GPRS, Umts
Zielgruppenorientiert können die Nutzer mit Zugangsberechtigung auf Daten
über das PDM-System zugreifen
Zielgruppen
Die Zielgruppen des Projektes sind im Kernsystem Dombauhütten
und Restauratoren, im weiteren wissenschaftliche und universitäre Einrichtungen,
Fach-Experten und Projektpartner, sowie via geplanter
Internetpräsenz Medien, PR- und Tourismusbereich.
B) UMSETZUNG
Die praktische Umsetzung faßt die in der Projektierung geplanten Funktionen
in drei Schwerpunktthemen zusammen:
1. Arbeitssystem - BPDM- (Bestands- und Projektdaten-Management)
System - Datenerfassung vor Ort am Baugerüst, deren Verwaltung, Auswertung
und Darstellung
2. Archivsystem - Erfassung sämtlicher verfügbarer und relevanter
Daten (als Bild-, Text-, Plan-, Ton-, Videomaterial) zum Gebäude in einer
Wissensdatenbank, thematische und räumlich-relationale Verknüpfung
der Daten
3. Web-System - Abfragemöglichkeiten der Datenbanken via Internet
Arbeitssystem
Datenerfassung vor Ort am Baugerüst, deren Verwaltung,
Auswertung und Darstellung
User: Dombauhütten, Restauratoren
Die Daten sind in einer vorweg erarbeiteten räumlich-relationalen Struktur
organisiert (Orientierungssystem/Zerfallsstruktur). Diese Struktur ist die Vorgabe
für sämtliche Teilarbeitsschritte und garantiert die eineindeutige
ID-Vergabe an Datenbankfelder durch einen festgelegten Code. Dies ermöglicht
die nach dem heutigen Stand der Technik sinnvolle Einarbeitung der Daten vorwiegend
als 2D-Daten und deren spätere Ersetzung durch 3D-Daten bei zukünftigen
Erfassungsmaßnahmen.
Die Verwaltung dieser Struktur sowie der darin abgebildeten Daten erfolgt mittels
eines BPDM- (Bestands- und Projektdaten-Management)
Systems
Kartierungsablauf
Der Kartierungsablauf erfolgt in drei Phasen:
Phase 1 - Kartierungsvorbereitung
· Digitale Erfassung und Aufbereitung der Gebäudegeometriedaten
mittels 3D-Laserscantechnologie, hochauflösender Digital-Panoramakameras,
Photogrammetrie- und Vermessungsdaten oder aus einem Cad Modell.
· Die aufbereiteten 2D/3D-Gebäudedaten werden auf einen geeigneten
Outdoor-Laptop mit Touchscreen übertragen
Für diese Phase ist je nach Arbeitsweise bestimmtes IT-und CAD-Fachwissen
erforderlich, die angewandte Erfassungstechnologie (Laserscan- und Rasterbildtechnologie,
Photogrammetrie o.ä.) ist in der Regel von Spezialfirmen durchzuführen.
Die Datenaufbereitung in der Dombauhütte betrifft hauptsächlich das
Einpflegen der Geometriedaten in das Orientierungssystem (Zerfallstruktur) am
Datenserver sowie das Zusammenfassen der für die Kartierung vor Ort relevanten
Daten und deren Export auf das Notebook. Ebenso werden für die Orientierung
am Gerüst notwendige Hilfsdaten in einem eigenen Orientierungslayer abgelegt
(zB die Lagen der Gerüstetagen und deren Nummerierung etc).
Phase 2 - Kartierung vor Ort
Am Gerüst werden am Notebook mittels geeigneter GIS (Geographisches
Informations System)-Software mit hinterlegter Datenbank die Kartierungen
nach verschiedenen Fachsichten von Spezialisten (Geologe, Restaurator, Dombaumeister..)
durchgeführt. Es entstehen geologische Karten, Schadenskarten und Maßnahmenkarten.
Diese Phase soll ohne genauere IT- und CAD-Kenntnisse nach kurzer Einweisung
durchführbar sein.
Screenshots Kartierung [GIF,
96K]
Phase 3 - Kartierungsauswertung [Petrografische
Auswertung, GIF, 248K]
Die erhobenen Daten werden auf den Datenserver rückgeführt und synchronisiert,
die in der Vor-Ort-Kartierung gewonnenen Daten (jeweils graphische und Datenbankdaten
sowie Fotos etc) werden ausgewertet, versioniert und archiviert.
Spezielle Analyseabfragen sind mit Fachkenntnis aus dem GIS-System möglich.
In weiterer Folge werden die Daten für die Abfrage mittels Standard-Plugins
zum Web-Browser aufbereitet und können für Zugriffsberechtigte veröffentlicht
werden.
Eine entsprechende Datenpflege und regelmäßige Abfragen ermöglichen
Facility Management / Wartungsplan-Funktionalitäten, damit wird eine Berücksichtigung
in der Budgetplanung, in der Arbeitsplanung, in der Produktbereitstellung ermöglicht.
Ab einem entsprechenden Umfang des Datenbestandes und dessen regelmäßiger
Analyse und Auswertung wird damit auch der Weg zu einer Schadensprognose und
Schadensprävention in der Zukunft sichtbar.
Weiters werden im Projekt Cathedral.IT im Arbeitssystem neue
Technologien erforscht und getestet, als besonders richtungsweisend ist hier
die 3D-Laserscantechnologie zu bewerten, die bereits teilweise im Einsatz ist.
Neben der exakten Erfassung der 3D-Geometriedaten erlaubt diese Technologie
beispielsweise die Erfassung und Analyse von komplexen Gewölbegeometrien,
wie sie in Regensburg im Rahmen des Projektes erforscht werden, die berührungsfreie
Erfassung von 3D-Objekten, wie besonders wertvolle Skulpturen selbst aus fragilen
Materialien oder aus brüchigem Stein (was bei der manuellen Abformung nicht
möglich wäre) - es entsteht der "virtuelle Stein", der auch
bei Bedarf z.B. mittels Laser-Sinterverfahren wieder materialisiert werden kann.
Bei den Forschungen und Recherchen zu automatisierten Rekonstruktionsverfahren
wird besonderer Bedacht darauf gelegt, daß die Technologie stets Hilfsmittel
des Bildhauers oder Restaurators bleibt, die Wahrung und Weitergabe der handwerklichen
Arbeit und Technik dabei nicht verloren geht sondern als ebenso wichtiges, zu
erhaltendes Kulturgut wie das zu erhaltende historische Bauwerk selbst zu betrachten
und zu behandeln ist.
Archivsystem
Erfassung sämtlicher verfügbarer und relevanter Daten (als Bild-,
Text-, Plan-, Ton-, Videomaterial) zum Dom in einer Wissensdatenbank, thematische
und räumlich-relationale Verknüpfung der Daten.
User: Dombauhütten, Restauratoren, Wissenschaftler
bei Erreichen eines repräsentativen Datenbestandes: Web-Anbindung mit Zugangskontrolle
- User: Projektpartner, Wissenschaftler, denkmalpflegerische Institutionen und
andere Experten, Öffentlichkeit
Die Umsetzung des Archivsystems in Wien ist mit einer Oracle-basierenden
Datenbanklösung der Firma CMB
Informationslogistik GmbH geplant, die auf der Museumssoftware "artefact"
aufbaut.
Spezifikation
Web-System
Abfragemöglichkeiten der Datenbanken (vorallem Archivsystem) via Internet
Für den Web- Bereich bieten sich mittel- bis langfristig folgende Perspektiven
an:
Denkmalschutz und Wissenschaft:
· Datenabfrage mittels Browser unabhängig
von der verwendeten Software
· wissenschaftliche Zusammenarbeit ohne geographische
Grenzen
· Anbindung an die Universitätsnetze
für wissenschaftliche Abfragen und Arbeiten
Info- und PR-Bereich:
· Bilddatenbank aus Archivsystem, "touristische"
Infodatenbank via Internet, Research-Abfragen von Presse und Medien
· Sponsorenpräsentation via Web - im
Idealfall wird sich langfristig das Projekt nicht nur selbst tragen sondern
für Sponsoringzwecke nutzbar sein. Das Produkt soll als technologisch interessant
und innovativ platzierbar sein und als Imageträger im Zusammenhang mit
dem Dom etabliert werden. Demnach soll für beteiligte/integrierte Produkte
eine hohe Sponsoringattraktivität sichergestellt werden.
· Visualisierung geplanter baulicher Maßnahmen
und Imagewerbung, Verständnisförderung für die Notwendigkeit
von Erhaltungsmaßnahmen
· Visualisierung der durch bestimmte Spendenaktionen
ermöglichten Arbeiten mit ihren Auswirkungen - Marketingkonzepte von "virtuellen
Baustellen" bis hin zum "Verkauf des virtuellen Spendenbausteines".
Insgesamt bietet sich hier ein weites Feld an Einsatzmöglichkeiten. Dieser
Bereich ist für die Synergie der Maßnahmen überaus wichtig,
da die Arbeiten im Denkmalschutzbereich in zunehmendem Maße einerseits
stark spenden- und förderungsabhängig, andererseits im Blickpunkt
des öffentlichen Interesses stehen und hier entsprechend sensibel und verantwortungsbewußt
mit Information und Aufklärung umzugehen ist.
Spezifikation
3D-System
Datenerfassung mittels 3D-Laserscan:
Im Projekt Cathedral.IT werden neue Technologien der Datenerfassung erforscht
und getestet, in Regensburg und Passau wird bereits die 3D-Laserscantechnologie
eingesetzt, in Wien wurden Testscans am Südturm sowie am Singertor durchgeführt.
Diese Technologie bietet bereits heute relativ kostengünstig die Möglichkeit
der exakten Erfassung der 3D-Geometriedaten mit Genauigkeiten bis in den Millimeterbereich.
Im Projekt Cathedral.IT wird ein Laserscanner der Firma Zoller&Fröhlich/Octocom
AG eingesetzt, der mit dem Phasendifferenzverfahren eine Genauigkeit von
bis zu 0,3mm erreicht. Hiermit kann aus einer Entfernung von bis zu 60m mit
einem horizontalen Abstrahlwinkel von 360° und einem vertikalen Winkel von
bis zu 80° gescannt werden, wobei die Aufnahmezeit für die volle Auflösung
von 1200x8000 Punkten bei 2,5 Minuten liegt.
Andere Laser-Scan-Systeme: Leica/Cyra
(Pulslaufzeitverfahren), Riegl
(Pulslaufzeitverfahren), Callidus
Der größte Arbeitsaufwand liegt in der Nachbearbeitung der Daten,
der Scanner produziert 3-dimensionale Pixelwolken mit enormen Datenmengen, die
über spezielle Software zu Dreiecksvermaschungen umgerechnet werden, danach
muß der Scan Bereinigt werden (störende Elemente, die ebenso aufgenommen
wurden, wie Stadtmöblierung, Pflanzen oder ähnliches werden herausgerechnet
und der gewünschte Ausschnitt fixiert), die Bilder aus den verschiedenen
Positionen werden mittels Meßpunkten zu einem 3D-Objekt zusammengefügt.
Bereiche, wo der Laser nicht "hinsieht", bleiben unbearbeitet. Ergänzt
wird das 3D-Laserscansystem durch hochauflösende Rasterkameras, Panoramakamera
sowie herkömmliche Vermessungsmethoden zur Standortbestimmung. Damit ist
ein exaktes Einhängen der gewonnenen 3D-Objekte in ein Weltkoordinatensystem
möglich.
[mehr:
pdf Gebäude-Bestandsaufnahme bei Baudenkmälern mit Laser-Scannern,
DI S. Geiselberger, pdf 49K]
Bearbeitung der 3D-Daten
Die Nachbearbeitung sowie Bearbeitung direkt am virtuellen 3D-Objekt stellt
die derzeit praktische Grenze zum Einsatz der 3D-Technologie in diesem Projekt
dar. Es ist hier zwar technisch bereits vieles möglich, wie vorallem die
Filmindustrie beweist, diese Technologien sind jedoch noch sehr aufwendig und
aus heutiger Sicht im Denkmalschutzbereich mit den vorhandenen Budgets sowie
dem Stand der Hard- und Softwaretechnik sowie des dafür nötigen speziellen
Anwender-Know-Hows noch nicht ökonomisch einsetzbar.
Im Rahmen des Projektes, das in seiner Ursprungsidee die Vision der 3-dimensionalen
Datenbearbeitung und Datenverknüpfung trägt, wurden einige hochinteressante
Technologien untersucht. Hier sind in nächster Zukunft einige tiefgreifende
Entwicklungen zu erwarten, die aus der Filmbranche kommen, und die in absehbarer
Zeit eine handhabbare Form der 3D-Objektbearbeitung erlauben werden. Forschungen
in diese Richtung werden auch von der Cathedral.IT-Projekt-Partnerfirma Octocom
betrieben.
Derzeit werden im Projekt Cathedral.IT aus oben genannten Gründen die gewonnenen
3D-Scannerdaten dort, wo keine digitalen Photogrammetriepläne vorhanden
sind, hauptsächlich als Grundlage zur 2D-Kartierung herangezogen und die
Daten für spätere Verwendung vorgehalten.
Durch die sorgfältige Ausarbeitung der Orientierungs-/Zerfallsstruktur
als Zwangsvorgabe für die Datenstruktur sowie die Einbeziehung eines 3D-CAD-Modelles
in das Informationssystem wird bei Cathedral.IT der Weg freigehalten, bei Verfügbarkeit
der entsprechenden Technologie die Datensätze durch 3D-Datensätze
zu ersetzen und damit sukzessive zu einem virtuellen 3-dimensionalen Abbild
des Bestandes zu gelangen.
CAD-Modell
In Wien besteht ein Teil der Projektarbeit in der Erarbeitung eines 3D-CAD-Orientierungsmodelles.
Anhand dieser Projektarbeit werden die Möglichkeiten und Probleme eines
CAD-Modelles im Denkmalschutzbereich beleuchtet. Einerseits dient das Modell
als Leitstruktur für die Orientierungs-/Zerfallsstruktur, andererseits
soll damit auch die Visualisierung geplanter Maßnahmen ermöglicht
werden. Ein weiterer Einsatzbereich liegt in der Verwendung für PR- und
Sponsoringmaßnahmen, die für die in Wien stark spendenabhängige
Domerhaltung von großer Wichtigkeit sind.
Das Modell - ursprünglich mit der CAD-Software CATIA konstruiert - wurde
über STL in VRML konvertiert, um die enorme Datenmenge plattformunabhängig
zu machen. Das Modell wird analog der logischen Zerfallsstruktur gegliedert
und optimiert, weiters werden Levels-of-Details generiert, sowie Tests mit Original-Texturierungen
durchgeführt. Es ist auch daran gedacht, ein reduziertes Modell für
die Visualisierung im Internet zu generieren - das derzeit erarbeitete Modell
ist auf Grund des Detaillierungsgrades nicht für den interaktiven Einsatz
im Internet bei derzeit gültigen Übertragungsbandbreiten geeignet
und vorgesehen.
mehr Modellfotos [Thumbnails]
Infrastrukturmodell
zur technischen Umsetzung wurde in der Wiener Dombauhütte ein Infrastrukturmodell
(Hard- und Softwarekonzept) entwickelt:
Grafik