Die Einrichtung der Dombauhütten blickt auf eine lange geschichtliche Tradition zurück. Die ersten Dombauhütten entstanden bereits im Mittelalter bei der Errichtung der großen Dome. Traditionell setzen sich die Dombauhütten aus Steinmetzen, Bildhauern und Baukünstlern zusammen, hier wurde unter der Leitung eines Dombaumeisters am Bauwerk gearbeitet und dabei traditionelle Handwerkskunst von einer Generation an die nächste weitergegeben.
Der Betrieb der Dombauhütte am Wiener Stephansdom funktioniert
auch heute noch nach ähnlichen Prinzipien: Es handelt sich um einen nicht
auf Gewinn ausgerichteten Betrieb, der seine Arbeit ausschließlich der
Erhaltung des Domes widmet. Der Betrieb ist direkt am Dom angesiedelt, die Mitarbeiter
sind fix angestellte, vorwiegend speziell geschulte Steinmetze und Bildhauer,
die auch heute noch in der traditionellen Handwerkstechnik diverse Bauteile
wie Krabben und Kreuzblumen genau nach den baufälligen oder bereits zerstörten
Vorbildern aus Stein meißeln oder ergänzen und am Dom versetzen.
Da in Wien die Domerhaltung zu großen Teilen aus Spenden finanziert wird
und auch allgemein die Bereitschaft der Öffentlichkeit, für historische
Bauten Finanzmittel aufzubringen, stets hoch respektiert werden muß, ist
es für die Dombauhütte St.Stephan von großer Bedeutung, in der
Eigenleistung auf ein Maximum an Wirtschaftlichkeit zu achten, auch wenn der
Betrieb ohne wirtschaftliche Eigeninteressen operiert. Die Verantwortung dafür,
sowie die Planung und Koordination der Arbeiten wird von Dombaumeister Architekt
Wolfgang Zehetner getragen, ihm untersteht auch das der Dombauhütte zugehörige
Dombausekretariat zur Verwaltung der Ressourcen.
Heute hat sich naturgemäß der Schwerpunkt der Arbeiten
der Wiener Dombauhütte auf die Restaurierung und Erhaltung der historischen
Bausubstanz verlagert, verbunden mit der Notwendigkeit, die Erfassung des Bestandes
sowie der getätigten Maßnahmen zur Bestandserhaltung für die
Nachwelt nachvollziehbar zu dokumentieren. Auf Grund der dadurch ständig
steigenden Datenmengen, steigender wissenschaftlicher Anforderungen an die Dokumentation
sowie wirtschaftlicher und logistischer Anforderungen an die Restaurierungsmaßnahmen
ergab sich die Notwendigkeit, nach Wegen zu suchen, diese Maßnahmen mit
Computerunterstützung durchzuführen.
Durch ein im Rahmen des EU-Programmes "Culture
2000" cofinanziertes sowie von der Gemeinde Wien gefördertes Forschungsprojekt
"Cathedral.IT" konnte
im Herbst 2000 ein konzentriertes Forschungsprogramm gestartet werden, das in
internationaler Kooperation das Ziel, von der Schadensbehebung zur Schadensprävention
zu gelangen, ein gutes Stück näher rückt. Es wurden im Jahr 2001
ein Datenerfassungsmodul (digitale Schadens- und Maßnahmenkartierung am
Gerüst), Archivierungs- und Verwaltungsmodul sowie Auswertungsmodul erarbeitet
und in einem sogenannten Dom-Daten-Monitoring (ddm)
System zusammengefaßt.
Mit diesem ddm-System wurde für
die Wiener Dombauhütte ein zukunftsweisendes Werkzeug geschaffen, das die
wissenschaftliche Erfassung und nachhaltige Nutzung wertvoller und oft unwiederbringlicher
bauhistorischer und bautechnischer Daten, deren Verknüpfung mit bestehenden
Archivdaten sowie die Auswertung dieser Daten als Basis neuer wissenschaftlicher
Erkenntnisse ermöglicht.
Um die Effizienz dieses Systems zu steigern, wurde auch eine enge Kooperation
mit Universitäten begonnen, die entsprechende Lehrveranstaltungen und Forschungsschwerpunkte
in Zusammenarbeit mit der Dombauhütte zum Ziel hat.